Ein datenschutzrechtlicher Blick zu den NachbarInnen in Deutschland…
Natürlich ist ein Urteil aus dem Nachbarland keine Garantie dafür, dass ein/eine RichterIn in Österreich das genauso sehen würde. Nachdem sich aber die Rechtslage sehr ähnelt – was bei und Arbeitsverfassungsgesetz heißt, läuft in Deutschland unter dem Namen Betriebsverfassungsgesetz – ist doch eine gewisse Aussagekraft vorhanden.
Der Outlook-Kalender als Überwachungsmaßnahme?
Microsoft Outlook wird in vielen Unternehmen als Mailprogramm und internes Kommunikationstool verwendet. Das ist rechtlich problematisch.
Dabei steht weniger die Email-Funktion im Fokus als die Kalenderfunktion. So ist es möglich und durchaus üblich, dass Gruppenkalender eingerichtet werden, auf die sämtliche Mitglieder einer Abteilung zugreifen, um einerseits zu sehen, wann ein/eine bestimmter/bestimmte MitarbeiterIn verfügbar ist und andererseits auch selbst Termine in fremden Kalendern eintragen zu können.
Mit einer Rechtsfrage rund um den Einsatz eines Outlook-Kalenders hatte sich Anfang 2017 auch das deutsche Landesarbeitsgerichts Nürnberg (Urteil vom 21.02.2017, GZ 7 Sa 441/16) zu befassen. Im konkreten Fall wurde ein Arbeitnehmer von seinem Vorgesetzten angewiesen, den Outlook-Gruppenkalender zur Verwaltung seiner betrieblichen Termine zu verwenden. Das Problem dabei: Auch der Vorgesetzten nutzte diesen Kalender, weshalb der Arbeitnehmer dieses Ansinnen ablehnte. In der Folge wurde der Arbeitnehmer abgemahnt woraufhin er Klage erhob.
Wurde das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gewahrt?
Er brachte vor, mithilfe des Gruppenkalender lasse sich ein Verabredungsprofil erstellen, überdies stelle der Kalender nach deutscher Rechtslage eine mitbestimmungspflichtige technische Einrichtung dar. Jedoch sei der Outlook-Kalender ohne eine Betriebsvereinbarung eingeführt worden und somit unrechtmäßig. Der Kläger könne also nicht zu einer Verwendung verpflichtet werden und die Abmahnung sei daher aus dem Personalakt zu entfernen.
Der Arbeitgeber, entgegnete, es bestehe sehr wohl eine Betriebsvereinbarung über die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie, in der geregelt sei, dass der Arbeitgeber Zugang zu allen relevanten dienstlichen Informationen habe.
Ein Outlook-Gruppenkalender ist zustimmungspflichtig
Das Gericht bestätigte, dass die beklagte Partei den Kläger zu Unrecht abgemahnt habe. Der Gruppenkalender ist nach Ansicht des Gerichts ein Überwachungsinstrument und er ist objektiv geeignet, Verhaltens- oder Leistungsinformationen der ArbeitnehmerInnen zu erheben und aufzuzeichnen. Dabei kommt es auf eine subjektive Überwachungsabsicht des/der ArbeitgeberIn nicht an. Die von der beklagten Partei erwähnte Betriebsvereinbarung regelt in erster Linie die private Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie und kann daher nicht als vorweggenommene Zustimmung des Betriebsrates zur Einführung des Outlook-Kalenders gewertet werden.
Keine Privatsphäre bei Apple?
Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist fast schon ein „klassisches“ datenschutzrechtliches Problem Der Technologieriese Apple überwacht in seinen Stores MitarbeiterInnen bei der Arbeit. Das Arbeitsgericht Frankfurt (Urteil vom 08.11.2013, GZ 22 Ca 9428/12) erkannte das als unzulässig.
Schadenersatz für umfassende Überwachung?
Ein Arbeitnehmer, der in einem Hamburger Store als „Genius“, also als Techniker, der die Geräte von KundInnen reparierte, beschäftigt war, klagte das Computerunternehmen und brachte vor, dass dieses seine Beschäftigten dauerhaft bei der Arbeit filmen würde. So seien Kameras in allen Räumen installiert, überwacht würden nicht bloß auf die Verkaufsflächen, sondern auch den hinteren, nicht für die Öffentlichkeit zugänglichen Bereich des Geschäfts. Dort befinden sich sowohl die Arbeitsplätze der TechnikerInnen sowie ein auch als Pausen- und Umkleideraum genutztes Besprechungszimmer. Ferner loggen sich die MitarbeiterInnen hier ins Zeiterfassungssystem ein. Die Überwachung bezog sich nach Meinung des Klägers also nicht nur auf die Arbeitstätigkeit als solche, sondern auch auf Pausen und Zeiten des Umkleidens.
Beim Kläger sei aufgrund der umfassenden Videoüberwachung eine psychische Belastung in Form eines latenten Überwachungs- und Anpassungsdrucks eingetreten, welche zu Angst, Misstrauen und Unsicherheit geführt sowie die Unbefangenheit seines menschlichen Verhaltens beeinträchtigt und das Gefühl des Ausgeliefert-Seins bewirkt habe, weshalb er Schmerzengeld begehrte.
Apple hat sich eine Zustimmungserklärung unterschreiben lassen
Apple Deutschland bestritt die Videoüberwachung nicht und erklärte, die Überwachung diene der Aufklärung möglicher Diebstähle, Unterschlagungen und ähnlicher Straftaten, nicht jedoch der gezielten Überwachung der MitarbeiterInnen. Außerdem habe der Kläger freiwillig ein Formular zur Einwilligung in die Videoüberwachung unterschrieben, das allerdings im Personalakt des Klägers nicht mehr aufgefunden und daher auch nicht als Beweismittel vorgelegt werden konnte.
Abgesehen davon, dass die tatsächliche Zustimmung also nicht nachgewiesen werden konnte, ist es auch höchst zweifelhaft, ob diese überhaupt gültig gewesen wäre. Schließlich handelt es sich im Arbeitsverhältnis immer um ein Machtungleichgewicht, wo nur selten von tatsächlicher „Freiwilligkeit“ die Rede sein kann.
Umfassende Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist nicht erlaubt
Das Arbeitsgericht Frankfurt entschied, dass die allumfassende Videoüberwachung am Arbeitsplatz einen schwerwiegenden und grundsätzlich nicht erlaubten Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt. Sie ist also unzulässig. Das Gericht sprach dem Kläger Schmerzengeld in der Höhe von EUR 3500,00 zu. Dass die Videokameras offen und nicht verdeckt angebracht waren und sich der Kläger zeitweise aus dem Sichtbereich der Kameras bewegen konnte, ändert an der Unzulässigkeit nichts. Da nicht nur öffentliche, sondern auch nicht-öffentliche Bereiche des Geschäfts überwacht wurden, könne sich Apple auch nicht darauf berufen, mit den Kameras einen Abschreckungseffekt der Öffentlichkeit gegenüber erzielen zu wollen.
„Bei uns tät‘ es das nicht geben“
In Österreich ist eine derartige Kamerainstallation an sich rechtswidrig. Sie widerspricht folgendem Gesetzestext aus dem DSG 2018: „Unzulässig ist 1. eine Bildaufnahme ohne ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person in deren höchstpersönlichen Lebensbereich, 2. eine Bildaufnahme zum Zweck der Kontrolle von Arbeitnehmern,…“
Eine Kamera in Umkleideräumen, Toiletten oder Pausenräumen kommt somit gar nicht in Frage und sie darf grundsätzlich nur zum Schutz von Personen oder Sachen verwendet werden.
Überdies würde ein österreichisches Gericht wohl in Fragen von Datenschutzverletzungen wohl auch kein Schmerzengeld zusprechen.
Für die umfassende Videoüberwachung, der Apple Deutschland seine MitarbeiterInnen unterwirft, wurde Apple im Jahr 2013 übrigens mit dem datenschutzrechtlichen Negativpreis Big Brother Award ausgezeichnet.