User*innen setzen sich zur Wehr: französisches Gericht entscheidet gegen Google; in den USA wird eine Sammelklage eingebracht; und auch in Österreich geht es um die Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)…
Google hat momentan alle Hände voll zu tun. Frankreichs Datenschutzbehörde CNIL war die erste, die Bussgelder von einem Internetkonznern einforderte. Im Jänner 2019 wurde über google wegen Intransparenz, also einem Verstoß gegen die DSGVO, eine Strafe von 50 Millionen Euro verhängt. Im Kern geht es darum:
Nach Ansicht der CNIL macht Google den Nutzerinnen und Nutzern Informationen zur Verwendung der erhobenen Daten und zum Speicherzeitraum nicht einfach genug zugänglich. Die Angaben seien über mehrere Dokumente verteilt und nur über mehrere Links und Buttons erreichbar. Zudem seien einige der Informationen unklar formuliert. Die Behörde teilte zudem mit, dass die von Google eingeholte Zustimmung zur Anzeige personalisierter Werbung ungültig sei, weil die Nutzerinnen nicht ausreichend informiert würden. Die Vielfalt der beteiligten Google-Dienste wie YouTube, Google Maps oder der Internetsuche sei nicht ersichtlich.
Die Zeit vom 21.Jänner 2021
Gegen die Entscheidung wurde beim höchsten Verwaltungsgericht in Frankreich Berufung eingelegt, da das Hauptquartier in Irland sei, weshalb auch die irische Behörde zuständig sei. Ob man sich bei den google-Anwält*innen durch einen umständlichen und langen Prozess außerhalb Frankreichs, eine Verzögerung oder ein milderes Urteil erhoffte, sei dahingestellt. Denn ein Verfahren bei der irischen Datenschutzbehörde, die sich bislang im Gegensatz zur französischen Datenschutzbehörde nicht durch besonders strenges oder rasches Vorgehen auszeichnete, wäre für Google vermutlich positiver ausgegangen. Schlussendlich musste Google nun doch zahlen.
Mit fremdem Namen surft man nicht
In Kalifornien wurde eine Sammelklage gegen den Internetriesen eingebracht. Google wird vorgeworfen trotz von Usern gewählter Privatsphäreneinstellung Daten gesammelt zu haben. Die Privatsphäre-Einstellung als funktionslose, symbolische Geste? Laut mehreren Zeitungsberichten weist der Google-Sprecher die Vorwürfe energisch zurück. Tatsächlich steht am Chrome-Startbildschirm des Inkognito-Modus
„Ihre Aktivitäten sind eventuell weiterhin sichtbar für:
– Von Ihnen besuchte Websites;
– Ihren Arbeitgeber oder Ihre Bildungseinrichtung;
– Ihren Internetanbieter“.
Chrome-Browser Mitteilung im Inkognito-Modus
Warum es dann überhaupt „Inkognito“ heißt? „Mit fremdem Namen“ surft man ja offenbar nicht. Zwar werden der Browserverlauf, Cookies und Websitedaten nicht gespeichert, wohl sind die Aktivitäten aber für die besuchten Websites sichtbar. Erst ein zusätzlicher Schritt, der wohl nicht jedem*r User*in gleich ins Auge fällt, ermöglicht es in einem untenstehenden Kasten Drittanbieter-Cookies zu blockieren.
Android Advertising ID – der Tracker in deiner Hand
Nun hat auch die Organisation noyb (Europäisches Zentrum für digitale Rechte) Klage gegen den Konzern eingebracht: Google soll seine Nutzer*innen nach erstmaliger Verwendung eines jeden neuen Smartphones mit einer „Android Advertisting ID“ getrackt haben. Die gesammelten Daten wurden dann an viele andere Werbefirmen weitergegeben.
Die Selbstbestimmung der User*innnen über ihre Daten wird somit untergraben oder sogar unmöglich gemacht. Denn die ID lässt sich nicht löschen, nur neu erstellen. Und in diesem Punkt stimmt die Vorgehensweise noch weniger mit der Europäischen Datenschutzgrundverordnung überein: Darin ist nämlich bestimmt, dass der/die User*in eine echte Wahl haben muss.
Die „Einwilligung“ der betroffenen Person muss freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegeben werden.
DSGVO Artikel 4, Ziffer 11
Das Fehlen der Entscheidungsfreiheit der User*innen und die automatische Erstellung dieser ID, ohne Einwilligung des/der User*in sind klare Verstöße gegen de DSGVO. Zudem kann die ID nur durch eine andere ersetzt werden: die bereits gesammelten Daten können nicht gelöscht werden.
“It is grotesque: Google claims that if you want them to stop tracking you, you have to agree to new tracking. It is like cancelling a contract only under the condition that you sign a new one. Google´s system seems to structurally deny the exercise of users´ rights.”
Sterfano Rossetti, Datenschutzanwalt bei noyb.eu
“Es ist grotesk: Google fordert, wenn du von ihnen nicht getrackt werden willst, musst du neuem Tracking zustimmen. So als würde man einen Vertrag nur unter der Bedingung kündigen können, dass man einen Neuen unterschreibt. Das Google-System scheint Benutzer*innen-Rechte strukturell zu missachten.” (eigene Übersetzung)
Die Klage wurde von noyb bei der österreichischen Datenschutzbehörde eingebracht, diese könnte Google mit einer Strafe von bis zu vier Prozent des globalen Gewinns bestrafen (das wären rund fünf Milliarden Euro).
Wir sind gespannt!