Leider zeigt sich seit Inkrafttreten der Novelle des Arbeitsverfassungsgesetzes, dass die Änderung zum § 96 immer wieder als Vorwand herangezogen wird, um die Mitbestimmungsrechte der ArbeitnehmerInnen in Leistungsentgeltfragen einzuschränken bzw. zurückzudrängen.
Das ArbVG lautet nun:
Zustimmungspflichtige Maßnahmen
§ 96. (1) Folgende Maßnahmen des Betriebsinhabers bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Betriebsrates: (…)
Ziffer 4:
insoweit eine Regelung durch Kollektivvertrag oder Satzung nicht besteht, die Einführung und die Regelung von Akkord-, Stück- und Gedinglöhnen sowie akkordähnlichen Prämien und Entgelten – mit Ausnahme der Heimarbeitsentgelte -, die auf statistischen Verfahren, Datenerfassungsverfahren, Kleinstzeitverfahren oder ähnlichen Entgeltfindungsmethoden beruhen, sowie der maßgeblichen Grundsätze (Systeme und Methoden) für die Ermittlung und Berechnung dieser Löhne bzw. Entgelte.
Diese ArbVG-Novelle ist Fakt. Dem alten ArbVG nachzutrauern ist wenig befriedigend. Darum haben wir im Beirat für Arbeit & Technik überlegt,
was BetriebsrätInnen tun können, um Leistungsentgelt nach wie vor in einer Betriebsvereinbarung zu regeln
In einer kürzlich im Beirat für Arbeit und Technik veranstalteten Diskussion mit Mag. Jochen Preiss (Kabinettchef BM Hundstorfer), Dr.in Anna Ritzberger -Moser (Leiterin der Abteilung für kollektives Arbeitsrecht im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz sowie des Bundeseinigungsamtes beim BMASK), Mag.a Andrea Komar (Leiterin der Bundesrechtsabteilung der GPA-djp) und Dr.in Eva Angerler (Mitarbeiterin der Abteilung Arbeit & Technik der GPA-djp) ergeben sich doch einige Handlungsoptionen.
Auch die neue Rechtslage bietet Anknüpfungspunkte für betriebsrätliche Mitwirkung bei Leistungsentgeltsystemen, die auf Zielvereinbarungen beruhen:
- §96 Abs.1 Z.4 ArbVG: Aus den Erläuterungen zur ArbVG- Novelle ergibt sich, dass jene leistungsbezogenen Entgeltsysteme, die unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes bedenklich erscheinen, unter den Begriff „akkordähnlich“ zu subsumieren und somit weiterhin der zwingenden Mitbestimmung iSd § 96 Abs.1 Z4 ArbVG zu unterziehen sind. Eine diesbezügliche weitere rechtliche Klarstellung bzw. Bestätigung dieser Interpretation durch Lehre und Judikatur wäre wünschenswert.
- Weiters ist festzuhalten, dass Personalbeurteilungsysteme, die häufig die Datenbasis für leistungsbezogene Entgeltsysteme darstellen, Gegenstand einer Betriebsvereinbarung gem. §96 a Abs.1 Z 2 ArbVG bilden (notwendige, ersetzbare Zustimmung).
- §97 Abs.1 Z16 ArbVG sieht in der novellierten Form den Abschluss einer freiwilligen BV für „sonstige leistungsbezogene Prämien und Entgelte“ vor.
Offen und unklar ist, ob und wie die Nachwirkung bestehender BVs zu sehen ist.
Zum Punkt Änderungsvorbehalt ist der Buchbeitrag von Andrea Komar sehr empfehlenswert. Er wurde veröffentlicht in einem Band von Dr.in Doris Lutz (Arbeiterkammer Wien) ab S. 112ff und ist erschienen im Lexis Nexis Verlag, Wien 2010.
„Leistungslohnmodelle – relevante Hintergründe, rechtliche Grundlagen, konkrete Gestaltungstipps”
Welche Änderungen die ArbVG-Novelle abgesehen vom § 96 und § 97 mit sich brachte, hat die GPA-djp zusammengestellt.
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