(wieder einmal sehr subjektive)
Blitzlichter einer Veranstaltung
Im sehr gut besuchten Europa-Saal des Renner-Instituts erklärte Prof. Kotschy die Zusammenhänge zwischen der Menschenrechtskonvention (und dem in ihr verankerten Recht auf Privatsphäre), der Europäischen Menschenrechtscharta (und dem in ihr verankerten Recht auf Datenschutz) und dem in der Datenschutzgrundverordnung festgeschriebenen Recht auf Datenschutz. Hier muss ein Interessensausgleich zwischen denen der Betroffenen auf Datenschutz und denen der Auftraggeber auf die Wahrung ihrer Interessen stattfinden. In der neuen Verordnung liegt nun die Beweislast diesbezüglich bei den Betroffenen. “Das habe ich nie verstanden, warum man das so konstruiert hat.” nimmt sich Kotschy kein Blatt vor den Mund.
Andreas Krisch wies eindringlich darauf hin, dass Demokratie nur funktionieren kann, wenn der Datenschutz für den/die EinzelneN gewährleistet ist, wenn die Personen selbst bestimmen können, wer was über sie weiß. Dazu konnte in der DSGVO einiges aus der alten Richtlinie “hinübergerettet” werden. “Das Verhältnis zwischen Datenschutzbeauftragten und den Datenschutz-Behörden ist in Deutschland wesentlich entspannter als hier in Österreich. Da gibt es schon eine längere Erfahrung in der Zusammenarbeit. Aber überall müssten die Behörden wesentlich besser ausgestattet werden, damit sie gute Arbeit leisten können.” erzählt Krisch aus seiner langjährigen internationalen Tätigkeit als betrieblicher Datenschutzbeauftragter und Präsident der europäischen Datenschutz-NGO edri.
Dr. Kunnert, der Verhandler Österreichs in der Rats-Arbeitsgruppe zur Datenschutz-Grundverordnung, entsandt vom Bundeskanzleramt, erklärte, warum Österreich sich bei der Endabstimmung im Europäischen Rat der Stimme enthielt. “Es werden hier Grundprinzipien wie das der Zweckbindung, bei der Weiterverwendung von Daten aufgeweicht.”
Trotz nachlassender Raumtemperatur und fortschreitendem Hungergefühl, schaffte es Daniela Zimmer von der Abteilung Konsumentenschutz der Arbeiterkammer, dem Publikum einen spannenden Einblick in den Konsumentenschutz im Zeitalter der Digitalisierung zu geben. “Wir haben in einer Studie festgestellt, dass Preise für ein und die selben elektronischen Geräte täglich variabel individuell je nach Kunde/Kundin berechnet werden. Wenn zum Beispiel keine Konkurrenzanbieter in der Nähe sind, wird’s teurer. Leider ist dieses >dynamic pricing< weder in der Grundverordnung noch in der Digitalen Agenda thematisiert worden. Viele Konsumenten haben aber nicht die Zeit, das Wissen, die Finanzkraft, um sich täglich der Durchsetzung ihrer Grund- und Verbraucherrechte anzunehmen. Sie wollen vorsorglich, kollektiv durch staatliche Rechtsschutzmechanismen geschützt werden!”
Frisch gestärkt war die Aufmerksamkeit für Evelyn Regner seitens des Publikums ungebrochen. Auch die S’n’D-Abgeordnete, die wir aus dem Europa-Parlament in Brüssel willkommen heißen durften, hatte ein offenes Wort: “Da ist eine Chance vertan worden. Wir haben im Ausschuss für Beschäftigung einige Standards eingezogen gehabt, wie zum Beispiel das Verbot von Schwarzen Listen und heimlicher Überwachung. Da gab es im Parlament auch eine überraschend große Mehrheit dafür, bei der ersten Lesung. Aber nach den Trilog-Verhandlungen war das weg.”
Die darauf folgende Podiumsdiskussion mit (v.l.n.r.)
- Andrea Komar (Leiterin der Rechtsabteilung in der GPA-djp), Martina Chlestil (Datenschutz-Juristin bei der Arbeiterkammer), Eva Angerler (Datenschutz-Expertin in der GPA-djp und diesmal als Moderatorin im Einsatz)
- Evelyn Regner
- Helmut Wolff (Betriebsrat bei unify )
- und Andreas Krisch
drehte sich dann vor allem um die betriebliche Ebene, darum, wie einE BetriebsrätIn die Privatsphäre der Arbeitnehmerinnen besser schützen kann.
Helmut Wolff erzählte aus seiner Praxis mit der us-amerikanischen Konzernmutter: “Für die Amerikaner war der Gang zum Schiedsgericht gar nicht unbedingt ein feindlicher Akt, sondern eher eine ganz normale Klarstellung.”
Martina Chlestil streicht heraus, dass gerade in einem Abhängigkeitsverhältnis wie dem Arbeitsverhältnis die Interessensvertretung eine wesentlich wichtigere Rolle in der Datenschutzgrundverordnung einnehmen müsste, als sie es derzeit tut.
Andrea Komar sieht zwar nun einen besseren Rechtszugang für einzelne Betroffene, kann zugleich aber auch einige Lücken, Unklarheiten und Auslassungen in dem Gesetzeskonvolut ausmachen. “Wer legt denn fest, wo die Hauptniederlassung ist?” stellt sie die Frage in den Raum.
Insgesamt ein prall gefüllter Tag an dem vielleicht mehr neue Fragen entstanden sind, als geklärt werden konnten – wir werden weiterhin versuchen, sie gemeinsam mit euch zu klären. Jedenfalls wurde festgestellt, dass Datenschutz auch Spaß machen kann (Beweisfoto links).
Für alle, die keinen Platz mehr bei der Veranstaltung gefunden haben und für jene, die sich noch einmal vergewissern wollen, ob sie alles richtig verstanden haben, gibt es hier die Präsentationen zum Download: