In ihrer August/September-Ausgabe dieses Jahres widmete sich Zeitschrift “Computer und Arbeit” den Entwicklungen rund um Web 2.0 mit besonderem Fokus auf die Auswirkungen in Unternehmen. Hat schon das Internet an sich zu einer Veränderung betrieblicher Prozesse von den Kommunikationsstrukturen bis hin zu einzelnen Arbeitsschritten geführt, so befinden wir uns mit den unter dem Begriff “Web 2.0” zusammengefassten Anwendungen (Social Media à la Myspace, Facebook und Flickr, Wikis, Weblogs etc.) in der nächsten Entwicklungsphase.
“Was früher als Web-2.0-Phänomen abgetan und nur von wenigen Internet-Enthusiasten betrieben wurde, ist heute ein integraler Bestandteil der Internet-Kultur und lässt sich aus dem Web-Alltag nicht mehr wegdenken. Blogs haben schon längst einen großen Teil der herkömmlichen, persönlichen ‘Homepages’ abgelöst. Für immer mehr Unternehmen ist das eigene Weblog zudem ein zentraler Bestandteil der internen und externen Unternehmenskommunikation.” (Dominic Brander: T3BLOG. Neue Blog-Extension für TYPO3, in: T3N – Open Source & Web, Nr. 14)
Der Einsatz der neuen Anwendungen nimmt auch im betrieblichen Kontext in einem Maße zu, dass bereits vielfach vom “Unternehmen 2.0” die Rede ist – ein Term, der zwar nicht präzise ist, aber unter dem die aktuellen Entwicklungen diskutiert werden. Diese Entwicklungen wirken sich insbesondere auf Kommunikations- und Kooperationsprozesse aus, und können auch erhebliche Weiterentwicklungen der Organisations- und Managementstrukturen anstoßen.
Wesentliche Ankerpunkte dafür stellen vor allem die Herausforderungen an das betriebliche Wissensmanagement und die effiziente Gestaltung der Kommunikation im Betrieb dar (so kürzlich auch von Martin Leyrer auf Die Presse.com/Tech & Science thematisiert). Dabei machen die ursprünglich nicht im betrieblichen Kontext entstandenen technischen Anwendungen häufig erst auf neue Gestaltungsmöglickeiten und den Einsatz im Unternehmen aufmerksam. Viele der dafür in Frage kommenden Anwendungen werden sozusagen sukzessive in die Betriebe importiert, und nicht unbedingt speziell für den betrieblichen Einsatz entwickelt, wie dies die bisher übliche Praxis bei IT-Lösungen war.
Die dahinter stehende, treibende Kraft in den Unternehmen kann jedoch durchaus auf unterschiedlichen Seiten angesiedelt sein. Auf der einen Seite hat sich zwar noch längst nicht in allen Managementetagen die Kunde von den neuen Möglichkeiten herum gesprochen, dennoch steht ein guter Teil von ManagerInnen den Entwicklungen erwartungsvoll bzw. positiv gegenüber:
“Die erwarteten Vorteile werden dabei überwiegend auf eine Verbesserung der Kommunikationsmöglichkeiten im Unternehmen und aus dem Unternehmen heraus zurückgeführt. So führen viele der Firmen bereits Blogs und Wikis um die Kommunikation intern und extern zu fördern und betonen die Interaktion mit Kunden, Mitarbeitern und Partnern.” (Cornelius Scholz: Web 2.0 im Unternehmen – wird das Modell “Unternehmen 2.0” erfolgreich sein?)
Bei allen Möglichkeiten, die sich durch innovative Anwendungen dieser neuen Technologien im betrieblichen Kontext ergeben, ist jedoch auch eine Reihe von Aspekten in Frage zu stellen, die bei der ersten Euphorie häufig in den Schatten gestellt werden. Technische Anwendungen eröffnen immer Möglichkeiten zur Überwachung von MitarbeiterInnen und sie bringen Fragen des Datenschutzes mit sich. Wenn Social Networking Portale ala Facebook und XING die Privatsphäre gefährden, wie das Fraunhofer-Institut SIT in einer Studie herausgefunden hat, ergeben sich daraus Konsequenzen in der betrieblichen Anwendung sowohl für Unternehmen, die diese Portale nützen wollen als auch für die betroffenen MitarbeiterInnen, die sie nützen wollen oder sollen. Angespochen ist hier – dies gilt aber zum Beispiel auch für den Einsatz von Weblogs – die Problematik, dass einerseits verschiedenste Daten, die innerbetrieblich genutzt werden sollen, nicht selten betriebsextern “gehostet” werden. Ein anderes Problemfeld kann sich aufgrund der möglichen Instrumentalisierung des Wiki- oder Weblogeinsatzes im Unternehmen für Managementprozesse ergeben – Stichwort Leistungs- und Verhaltenskontrolle.
Erfahrungswerte wie jene, dass Facebook-Inhalte im Rekrutierungsprozess auch bereits gegen BewerberInnen verwendet wurden (eine Zusammenstellung von Fällen liefert Andrew Bibby in “Industrial relations an social dialogue in the Web 2.0 world”, u.a. Seite 16ff.), sind für den betrieblichen Einsatz noch kaum vorhanden. Die weiteren Entwicklungen in Bereichen Management, Arbeitsgestaltung und Datenschutz sind aber anhand der aufgeworfenen Fragen (weitere werden noch folgen!) zu beobachten. Die gesammelten Erfahrungen könnten zum Beispiel in betriebliche Regelungen oder in einen Nutzungskodex nach dem zu aktualisierenden Vorbild des “Online rights at work – A UNI Code of Practice” – wie er auch auf der UNI-Konferenz “Web 2.0 and Online-Rights” Anfang Dezember 2008 in Tallinn diskutiert wurde – einfließen.
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