Wie im blog-Beitrag vom 22.9. versprochen, folgend eine kurze Zusammenfassung des weiteren Verlaufs der Klage. Vorweg zur Erinnerung: Im August diesen Jahres hat der Initiator von „Europe versus Facebook“, Max Schrems, beim Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen eine Klage gegen die irische Tochter des us-amerikanischen Unternehmens eingebracht. Diese Klage entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zur größten Datenschutzsammelklage in Europa, da über 25.000 UserInnen aus über 100 Ländern ihre Ansprüche an den Kläger abtraten. Weitere 50.000 Facebook-NutzerInnen haben sich seither für einen etwaigen Folgeprozess registriert.
Verzögerungstaktik
Der bisherige Prozessverlauf ist vor allem durch diverse Verzögerungsversuche von Seiten der Beklagten „Facebook Ireland Ltd.“ gekennzeichnet. So wurde der Auftrag zur Klagebeantwortung vorerst durch das Argument „dass Facebook Ireland nicht Deutsch spreche“ abgewehrt. Daraufhin wurde von Kläger-Seite eine beglaubigte Übersetzung der Klageschrift an das Gericht übermittelt.
Mittlerweile liegt die Klagebeantwortung vor, die inhaltlich allerdings wenig Neues bringt, da Facebook-Ireland darin auf die Klagepunkte nicht eingeht, sondern diese lediglich pauschal bestreitet. Der Fokus richtet sich in erster Linie darauf die Zuständigkeit des (österreichischen) Gerichts in Frage zu stellen. Dazu werden teilweise skurrile Argumente vorgebracht. So wird behauptet, dass die TeilnehmerInnen der Sammelklage, die ihre Ansprüche an den Kläger – Max Schrems – abgetreten haben, nicht geschäftsfähig seien und daher die Abtretung der Ansprüche rechtsunwirksam sei. Das Originalzitat hiezu lautet: „…Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass (…) diese [die NutzerInnen, Anm. des Autors], wie behauptet, alle Verbraucher sind und über die für die behaupteten Abtretungen notwendige Geschäftsfähigkeit verfügen.“
In diesem Zusammenhang stellt sich dann die interessante Frage wie die betreffenden UserInnen dennoch zuvor gültig den Nutzungsbedingungen von Facebook zustimmen konnten. Hiefür gibt es – laut dem Kläger – nur eine Erklärungsmöglichkeit: bei den 25.000 Facebook-NutzerInnen und TeilnehmerInnen der Klage ist nachträglich eine „Geisteskrankheit“ eingetreten, die zum Verlust ihrer Geschäftsfähigkeit geführt hat. Dazu Schrems treffend: „Dass ein Unternehmen pauschal die Geschäftsfähigkeit seiner eigenen Kunden bestreitet, hat wohl Seltenheitswert.“
Ein weiteres Vorbringen der Beklagten – dass mE eher der obig bereits erwähnten Verzögerungstaktik zuzurechnen als juristisch ernst zu nehmen ist – besteht darin, dass Facebook Ireland bestreitet, dass man es vor ordentlichen Gerichten verklagen könne. Die Begründung dafür lautet, dass es ja eine Datenschutzbehörde in Irland gebe, die die ua auch die Aufsicht über das beklagte Unternehmen habe. Dass die Aufsicht einer Verwaltungsbehörde über ein Unternehmen in Bezug auf dessen Klagbarkeit keinesfalls einen Widerspruch darstellt, ist entweder noch nicht bis zu Facebook Ireland durchgedrungen oder wird von der Beklagten bewusst negiert, da sich die irische Datenschutzbehörde bislang sehr unternehmensfreundlich verhalten hat. Wenn man dieser Argumentation folgt könnte kein Unternehmen, das einer verwaltungsbehördlichen Aufsicht unterliegt (zB Banken, Versicherungen,…) direkt geklagt werden – für die betreffenden Unternehmen sicherlich eine begrüßenswerte Vorstellung, mit der rechtsstaatlichen Realität hat dies aber nichts zu tun!
Wie geht es nun weiter?
Nachdem Klageschrift sowie Klagebeantwortung vorliegen hat das Gericht als nächsten Schritt seine eigene Zuständigkeit und das in den Schriftsätzen der Parteien enthaltene Vorbringen zu prüfen. Es wird jedenfalls eine sog. vorbereitende Tagsatzung anberaumt werden, in der das Vorbringen der Parteien erörtert und von der Richterin das Prozessprogramm in groben Zügen festgelegt wird.
Ich werde auch in Zukunft die Entwicklung des Prozesses verfolgen und darüber zeitgerecht im blog berichten.