Dr. Datenschutz berichtet aus der Praxis
die Beschwerde:
In einem Unternehmen stehen Betriebsratswahlen vor der Türe. Die Anspannung im Haus ist eher größer als kleiner. Der Wahlvorstand steht in der Auslage und wird genau beobachtet. Laut Wahlordnung müssen Wählerlisten Namen und Geburtsdatum beinhalten (§20 BRWO) – so weit alles in Ordnung. Die rechtliche Vorgabe, dass die Listen zur Einsicht zur Verfügung stehen müssen, (§21 BRWO), wurde in dem Unternehmen so interpretiert, dass die Wählerlisten ins Internet gestellt wurden. Eine kandidierende Person war mit dieser Lösung nicht glücklich.
das Symptomatische:
Soll ein (neuer) Betriebsrat gewählt werden, gehen die Wogen öfters hoch und es wird nach Schwachstellen gesucht, wo auch immer sie zu finden sein könnten. Die Phase zwischen Veröffentlichung der Wählerlisten und Wahltermin ist besonders kritisch.
die Behandlung:
Es ist nicht zu leugnen, dass die Kandidatur für Betriebsrats- oder Personalvertretungswahlen – insbesondere die auf den vorderen Plätzen – die KandidatInnen auch zu “Personen von öffentlichem Interesse” macht. Insbesondere wenn die KandidatInnen im Internet bereits ihre Fraktion kundgetan haben, wie im Fall eines Personalvertreters bei der Polizei, in dem die Datenschutzkommission entschied:
Diese Beschränkung des Geheimhaltungsrechts liegt nicht zuletzt in der Rolle des Beschwerdeführers als Personalvertreter begründet, da schon die Bewerbung um ein öffentliches Amt oder auch nur um die Wahl in ein gesetzlich vorgesehenes Arbeitnehmerorgan ein öffentliches In-Erscheinung-Treten des Betroffenen bedingt, das im Fall der Kandidatur auf einem bestimmten politisch ausgerichteten Wahlvorschlag regelmäßig mit einer Deklaration der politischen Überzeugung des Bewerbers verbunden ist. Dies ist wiederum zwingend mit einem gewissen Maß an Verzicht auf Privatsphäre verbunden
Den WählerInnen sollte die Gelegenheit gegeben werden, sich über die zu Wählenden und deren Fraktionszugehörigkeit zu informieren.
Das Internet ist jedoch nicht zwangsläufig der Ort, den der Gesetzgeber gemeint hat, als er die Möglichkeit zur Einischtnahme in Wählerlisten beschlossen hat. Eine Möglichkeit ist es beispielsweise, die Wählerlisten im Büro des Wahlvorstandes (zu bestimmten Zeiten) für Interessierte zur Einsicht aufzulegen.
eine ähnliche Beschwerde:
Auch bei der Briefwahl kann es zu Unstimmigkeiten kommen, wenn die Beschäftigten zu viele Angaben auf den Rücksende-Kuverts machen müssen. Ein Brief ist in der Regel mit einem Absender und einer Adresse ausgestattet, aus der hervorgeht, wohin der Brief soll und von wem er kommt. Einige MitarbeiterInnen wollten aber nicht, dass auf dem Wahlkuvert a) der Arbeitgeber und b) ihre Wohnadresse ersichtlich ist und nahmen nicht an der Wahl teil.
Nun möchte der Betriebsrat einerseits einen einfachen Ablauf der Briefwahl garantieren, um die Wahlbeteiligung hoch zu halten – wogegen das neutrale Kuvert im adressierten Kuvert spricht – und gleichzeitig soll die geheime Wahl garantiert sein.
Es empfiehlt sich die Postkartenvariante: ein Abschnitt des Briefes zur Betriebsratswahl wird an die Firma zurückgesandt (Porto zahlt Empfänger). Auf diesem Abschnitt (der kann zur Sicherheit mit einer selbst ausgesuchten vierstelligen Nummer der MitarbeiterIn gekennzeichnet werden, um Doppelwahlen zu verunmöglichen) ist durch ein Kreuzchen die gewählte Liste ersichtlich – und es wird kein Absender angegeben. Das ist völlig ausreichend und nicht zurückverfolgbar.
Einer geheimen und administrativ schaffbaren Betriebsratswahl steht somit nichts mehr im Wege – auf gehts!